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Allgemeines

Das von Pater Felix geführte Institut CIMR hat über das Indischen Bundesgesetzes "People with Disabilities Act 1995 (Equal Opportunities, Protection of Rights and Full Participation" frei übersetzt -Gleichstellungsgesetz ['gleiche Chancen, gleiche Rechte, volle Teilnahme']) einen Auftrag für ein Pilotprojekt in Indien erhalten.

Flächendeckend im gesamten Bundesstaat, der ähnlich föderal aufgebaut ist wie Deutschland mit Bundesländern, sollte das CIMR seine Methodologie modellhaft einführen. Durch das vorerwähnte Gesetz wurde in Indien ein enormer Schritt erreicht, um Behinderte in der Gesellschaft zu platzieren, insbesondere ins politische und gesellschaftliche Bewusstsein einzuführen. Damit will Indien den von der UNO aufgestellten Zielen für die Zivilgesellschaft Folge leisten. Der Staat hat sich nach den Ausführungen des Berichts zur Umsetzung dieser Ziele verpflichtet und in den Jahren 1993 - 2002 entsprechende Anstrengungen unternommen. Daher wurde auch in dieser Dekade das Gesetz erlassen und das Pilotprojekt durchgeführt.

Eine weitgehend wörtlich übersetzte Passage, da sie für die Zielsetzung und weitere Arbeit von Asha Karangal von essentieller Bedeutung ist:

 "Alles schön und gut, aber dennoch bedenklich, müssen wir doch bekennen, dass volle (Menschen-)Rechtsgleichheit für Menschen mit Behinderungen in Indien ein weit entfernter Traum bleibt! Die größte Demokratie dieser Erde wird noch einen langen, langen Weg gehen müssen, bis die Rechte von Millionen behinderter Menschen gesichert sind, die am Rande der Gesellschaft vegetieren. Die starke demokratische Tradition Indiens (gemeint ist die Verfassung) gewährt allen indischen Bürgern Chancengleichheit. Trotz der Sicherung der Rechte von schwächeren Teilen der Gesellschaft verbleiben die Behinderten am Rande und weitgehend außerhalb der Reichweite der sozialen Sicherung. Von den vermutlich 9 Millionen behinderten Kindern unter 14 Jahren in Indien hat nur ein geradezu vernachlässigbarer Bruchteil überhaupt Zugang zu Fördereinrichtungen."

Neben den Forderungen der UNO waren sicherlich auch die Feiern zum 50-jährigen Bestehen Indiens Anlass für die Aktivitäten der Bundesregierung im Bereich der Behindertenintegration, was zu dem Pilotprojekt führte.

Das CIMR wurde auf Grund seines Rufs, den es für seine Arbeit in Indien genießt, vom Gesundheits- und Sozialministerium und vom Unterrichtsministerium für das Projekt ausgewählt. Das ursprüngliche Ziel war zunächst, 7.500 Familien in sechs Bundesstaaten zu erreichen, es wurde ausgedehnt und das CIMR konnte mehr als 10.000 Behinderte neu und erstmals ansprechen. Damit geriet das Pilotprojekt in die Stellung einer gesellschaftlichen Bestandsuntersuchung und -aufnahme, denn es wurde offenkundig, wie wichtig Integrationszentren für Behinderte auf Gemeindeebene sind. Gleichzeitig offenbarte die Arbeit des CIMR die Bereitschaft der Eltern, bei der Rehabilitation der Kinder mitzuwirken. Viele haben das Angebot zur persönlichen Anleitung angenommen und konnten damit die Kinder selbst in der Häuslichkeit weiter fördern. Das Projekt zeigte auch, dass die Fähigkeiten der Eltern und der Gemeinden sinnvoll zusammengeführt werden können.

Ausgehend von den theoretischen und praktischen Ansätzen, die auf Pater Felix selbst zurückgehen, wurde zunächst von den drei üblichen Grundpfeilern der Bildung Lesen, Schreiben, Rechnen abgewichen und das Pädagogische Konzept der "3 Cs" eingeführt. '3 C' bedeutet Comprehension, Competence and Creativity, was am verständlichsten sinngemäß mit Kenntnis, Verständnis und Anwendung zu übertragen ist. Ausgangspunkt dieses Konzepts ist zweifellos das CIMR in Thiruvananthapuram, Kerala, das von Pater Felix gegründet wurde. Das auf einfachen Formen basierende Konzept erlaubt eine frühe Aufnahme der Förderung und führt vom Konkreten zum Abstrakten. Die Anwendung ist einfach, so dass eine effektive Elternarbeit ermöglicht wird. Es gibt ein bebildertes Handbuch des CIMR "Home a School", nach dem auch analphabetische Eltern die Förderschritte nachvollziehen und ihre Kindern in der häuslichen Umgebung fördern können, z.B. durch Mobilisation und einfache Gymnastik

Für überwiegend motorisch behinderte Kinder wurde die Vojta-Physiotherapie eingeführt, ergänzend kamen auch die Mal- und Gestalttherapie und Musiktherapie zum Einsatz. Durch die Förderung bewegen sich die Behinderten mehr in die Gesellschaft hinein und in der Gesellschaft, und je mehr sie sich bewegen, umso mehr entwickeln sie sich. Dies wurde bisher verkannt, denn die Behinderten wurden eher versteckt und vernachlässigt, was mit den tradierten Anschauungen begründet ist.

Nach dem erfolgreichen Beginn wurde das Programm nochmals politisch ausgeweitet und das CIMR beauftragt, 30.000 weitere Familien zu betreuen. Dabei lag der Schwerpunkt der Arbeit im Nord-Osten Indiens.

Zusammengefasst konnten im Rahmen des Projekts mehr als 40.000 Menschen mit Behinderung identifiziert werden (darunter auch erwachsene Behinderte). 54 nichtstaatliche Organisationen haben sich dem Projekt angeschlossen und mehr als 400 ehrenamtliche Helfer konnten gewonnen und ausgebildet werden.

Dennoch bleiben viele Fragen offen. Denn es ist nicht absehbar, wie die Behinderten-Integration in Indien weiter geht. Die Forderung nach wohnortnaher Versorgung mit Fördereinrichtungen ist aufgetaucht und die weitere Betreuung und Fortbildung der betroffenen Familien.

Man kann sich nicht damit zufrieden geben, so Pater Felix, dass das CIMR 40.000 Menschen mit Behinderungen aufgefunden hat. Es muss nach der persönlichen Zukunft gefragt werden. Wie können sie mit den erforderlichen Behandlungen versorgt werden, wie sieht die Elternarbeit im Rehabilitationsprozess aus und wie gelingt es diesen Menschen als Erwachsene - ohne die Begleitung der Eltern - sich in der Gesellschaft zurecht zu finden als selbstbewusste Menschen, die für sich selber sorgen?

Diese Fragen hält das CIMR für dringend und ruft die politisch Verantwortlichen auf, sie zu lösen, sonst verbleibt es bei einem akademischen Ansatz. Sofortige Folgeprogramme seien erforderlich und sowohl Stützpunkte als auch eine Stärkung der Elternarbeit. Das CIMR hofft, dass die Regierung die Dringlichkeit erkennt und handeln wird.

Leonhard Leicht

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